Wie entsteht Problemverhalten?

Warum oft (aus menschlicher Sicht) Kleinigkeiten zu einem Fehlverhalten führen, wie sich daraus ein Problemverhalten etablieren kann und wie einfach es eigentlich ist  dies zu vermeiden,  erfahrt ihr hier! Ein Hund berichtet aus seiner Sicht vom ersten Tag in seinem neuen zu Hause bis hin zum erwachsenen Hund:

„Heute bin ich umgezogen in eine neue Familie. Die Zweibeiner haben mich in das Haus gesetzt und selbstständig das Haus erkunden lassen. Das hat mich sehr verunsichert. Was wollen die denn von mir? Mir wäre es wirklich lieber, wenn mir jemand alles zeigt und mir Sicherheit gibt. Aber wenn sie es so wollen, dann erkunde ich eigenständig das Revier. Überall liegt Spielzeug verteilt. Spielzeug kenne ich schon. Mit meinen Geschwistern habe ich schon darum gerangelt und gekämpft. Da habe ich in Zukunft aber wirklich eine Menge zu tun, hier auf alles aufzupassen …

Von der Autofahrt und den ganzen Gerüchen bin ich wirklich müde. Das merken wohl auch die Zweibeiner und endlich zeigt mir hier mal jemand etwas: Im Flur an der Haustür steht ein Bett, hier darf ich schlafen. Mir fallen auch direkt die Augen zu. Aber nicht all zu lange: Ich muss mal! Zu viel Aufregung hier! Schnell eine weiche Unterlage suchen, wie meine Geschwister und ich das in unserem alten zu Hause gelernt haben. Ach, hier im Wohnzimmer ist es auf dem Boden schön weich. Gerade fertig geworden, kommt ein Zweibeiner angerannt und schimpft. Was ist denn passiert? Habe ich etwas falsch gemacht? Ich habe doch nur das gemacht, was ich gelernt habe! Das verunsichert mich noch mehr. Wo hin denn sonst??

Die Zweibeiner sitzen auf einem Sofa und beobachten mich. Ich möchte doch auch kuscheln. „Ausnahmsweise“ darf ich auch mit hoch (was heißt denn hier ausnahmsweise!?). Weil ich ja noch in der „Eingewöhnungsphase“ bin, sagt der Zweibeiner. Super, hier oben ist es schön weich und warm und die Menschen können auf mich aufpassen.

Bis es dunkel wird erkunde ich noch weiter das Revier und schaue mir alles in Ruhe an. Das ganze Spielzeug habe ich schon mal sicherheitshalber in mein Bett getragen, so kann ich besser darauf aufpassen. Die Zweibeiner haben heute auch mit mir gespielt. Mein Spielzeug wurde durch den Garten geworfen und ich durfte es wieder einfangen und Kekse gab es dafür auch – super! Dann haben wir noch ausprobiert wer der Stärkste ist: Zweibeiner hat von einer Seite an einem Seil gezogen und ich von der anderen. Irgendwann hat er dann aufgegeben, da hatte ich wohl den längeren Atem! Das letzte Spiel fand ich am besten: ein Haufen Leckerlies wurden auf den Rasen geschmissen und ich durfte suchen. Die Zweibeiner sagen, so sei ich wenigstens mal ein paar Minuten beschäftigt.

Die nächsten Tage gehen ähnlich so weiter.

Ich kenn mich so langsam aus in meinem neuen zu Hause. Es ist hier im Haus aber auch manchmal ziemlich langweilig. Hier liegt so viel herum und wenn ich mir eins der Spielzeuge nehme und darauf rum kaue, bekomme ich Ärger. Das verstehe ich nicht. Vieles was hier rumliegt darf zerkaut werden und anderes wieder nicht!? Woher soll ich jetzt nur wissen womit ich spielen darf und womit nicht.

Es erklingt ein komisches Geräusch und alle Zweibeiner rasen zur Haustür. Ok, das Spiel habe ich verstanden. Es geht darum wer als erster da ist – kein Problem. Von meinem Platz aus habe ich ja sowieso eine gute Sicht und nur ein paar Meter bis zur Tür. Oh, da passiert noch mehr: die Tür wird geöffnet und mehr Zweibeiner kommen ins Haus. Super – die haben Leckerlies und Spielzeug für mich. Da lauf ich direkt mal hin und schau wie hoch ich springen kann. Ich werde gestreichelt und alle sitzen mit mir auf dem Boden und spielen – toll! Alle Aufmerksamkeit auf mich, wie sich das gehört. 😉 Dann stehen alle auf und gehen ins Wohnzimmer aufs Sofa. Oh ja, da liege ich auch gerne – direkt hinter her! Sehr unsanft werde ich plötzlich vom Zweibeiner runter geschubst – Aua!! Zu den Besuchern sagt er, Hunde gehören nicht aufs Sofa. Das verstehe ich nicht. Vorhin hat er mir doch sogar geholfen, rauf zu kommen? Das ist unfair!!

Die Zweibeiner wollen mit mir zur Hundewiese. Was das wohl wieder ist!? An mein Halsband wird ein Seil befestigt wie bei dem Spielen. Auf dem Weg zur Hundewiese zeige ich gleich nochmal was ich gelernt habe: Immer in das Seil beißen und zerren, aber diesmal gibt es kein Lob, ich werde sogar geschimpft! Was hab ich denn falsch gemacht? So ging das Spiel doch!? Von weitem kann ich eine große Wiese sehen. Oh je, so viele Hunde. Hoffentlich tun die mir nichts. Lieber erst einmal hinter dem Zweibeiner verstecken. Das war wohl auch wieder nicht richtig. Ich werde nach vorne geschubst und soll mit den andere spielen. Was? Wie? Spielen? Mit Hunden, die nicht meine Geschwister sind, ohne dass jemand auf mich aufpasst wie meine Mama? Das macht mir Angst! Die Zweibeiner haben andere Zweibeiner gefunden und sind mir keine große Hilfe. Ein Vierbeiner nach dem anderen kommt mir viel zu nah, rennt mich um und beschnüffelt mich überall. Was mach ich denn jetzt? Ich werde mal ein Stück mitlaufen und gucken, wer hier der Stärkere ist. Scheint keinen der Zweibeiner zu interessieren.

Endlich kommt einer der Zweibeiner zu mir und wir verlassen die Hundewiese. Gott sei Dank! Keine weiteren Vierbeiner in Sicht, dann erkunde ich erst einmal die Umgebung. Das riecht aber auch alles so spannend. Ach und hier liegt auch Futter rum, so wie bei uns im Garten – lecker. Die Zweibeiner sehen das scheinbar nicht so, ich werde dolle an dem Seil geruckelt, das tut wirklich weh!! Was wollen die denn von mir? In den letzten Tagen sollte ich doch fein säuberlich alle Krümel vom Rasen fressen und heute soll ich sie liegen lassen? Ein Zweibeiner schüttelt meine Schnauze und das Futter fällt wieder raus. Das ist sehr unangenehm und tut weh!

In den nächsten Tagen haben wir weitere Vierbeiner getroffen. Ich habe dann lieber schon von vornherein angezeigt, dass ich gar kein Interesse habe mich mit denen auseinander zu setzen und bin einen Bogen gelaufen. Trotzdem wurde ich von der Leine gelassen und musste mich mit dem anderen Hund beschäftigen. Bei den nächsten Hunden hab ich dann schon ordentlich an der Leine gezogen, denn ich wusste ja was gleich passiert. So ein Spaziergang ist sowieso sehr anstrengend: Überall schnüffeln und das Revier markieren üben und dann diese vielen anderen Hunde und Menschen. Meine Zweibeiner haben mir nicht gezeigt wie ich mich an der Leine verhalten soll. Wenn ich zu den Artgenossen ziehe, weil ich mich ja mit ihnen auseinander setzen soll (die Zweibeiner übernehmen das ja leider nicht), werde ich ziemlich doll an der Leine gerupft. Das ist sehr unangenehm. Die Leine stört aber auch wirklich. Zum Beispiel, wenn ein Hase oder ein Jogger vorbei kommt. Da muss ich doch hinter her – so wie beim Spielen im Garten! Die Leine und der böse Ruck vom anderen Ende hindern mich aber daran. Das ist echt frustrierend!

Ich bin jetzt schon 5 Monate alt!

Mittlerweile bin schon größer und schwerer geworden. Die Zweibeiner sagen, meine Eingewöhnungszeit wäre jetzt vorbei und es würde ein anderer Wind wehen!? Mir ist gar nicht aufgefallen, dass hier überhaupt irgendein Wind weht. Naja, aber ich denke ich habe schon einer Menge gelernt. Habe ja auch wirklich viel zu tun, den ganzen Tag aufzupassen, wo wer hingeht, ob jemand das Revier betritt, Spielzeug und Knochen verteidigen und vieles mehr. Ganz schön viel Verantwortung für einen Hund wie mich …

Oh die Tür: schnell hin, bellen (muss ja jeder mitkriegen, dass ich der Erste bin und hier jemand in mein Revier will) und warten bis ein Zweibeiner die Tür auf macht. Ahhh, die Kinder sind zurück. Wo waren die denn nur? Haben die wieder ihre Schulbrote nicht gegessen und ich bekomme sie? Warum waren sie so lange weg? Haben sie mir etwas mitgebracht? In einer Turbogeschwindigkeit springe ich an ihnen hoch und wusel umher um Informationen zu bekommen. AUA, was ist denn jetzt wieder? Der große Zweibeiner haut mit der Hand auf meinen Rücken, packt mich am Halsband und zerrt daran, bis ich auf meinem Hundebett stehe. Das tut mir wirklich weh und ist sehr unangenehm! Die letzten Wochen habe ich Neuankömmlinge genau so begrüßt und da gab es keine Strafe. Das ist wirklich UNFAIR und tut weh! Und da wundert ihr Euch noch, warum ich auch nach dem Zahnwechsel weiter in eure Hände beiße, wenn die Hände ständig unangenehme Sachen mit mir machen…“

So oder so ähnlich könnten die Gedanken eines Welpen in den ersten Tagen und Wochen im neuen zu Hause sein. Der junge Hund ist vom Ersten Tag an auf sich gestellt und muss eigene Entscheidungen treffen. Dabei ist es so wichtig, dem Welpen von vornherein positiv klare Regeln zu setzen um ihm Sicherheit zu geben. Denn eine „Eingewöhnungszeit“ ist wirklich nicht fair! Wie soll er verstehen, dass er nach dieser Zeit alles Erlernte wieder vergessen und andere Regeln lernen soll?

Wirklich alles nur ein Spiel!?

Es geht weiter: der Alltag des jungen Hundes

„Da bin ich wieder! Mittlerweile kann ich sogar schon das Beinchen heben. Mache ich auch so oft es die Situation zulässt. Wir haben mindestens 4 Laternen und 6 Bäume auf meiner Straße! Die müssen täglich aufs Neue als MEINS markiert werden. Und dann das ganze Waldstück… Ich sag Euch, es gibt viel zu tun den ganzen Tag! Ich kann Euch ja mal ein bisschen von meinem arbeitsreichen Alltag berichten:

Eigentlich fängt morgens alles damit an, dass ich tierischen Kohldampf habe! Um den Magen schnell voll zu kriegen gibt es einen ganz einfachen Trick – ich tippel so lange mit den Krallen in kleinen Mäuseschritten auf dem Laminat umher und fiepe dabei, bis einer meiner Menschen das Schlafzimmer verlässt und mich füttert (zugegeben, er ist dann nicht gerade gut gelaunt, aber zumindest bin ich dann satt). Das Lustige ist, dass die gar nicht merken, dass ich diesen Trick jeden Morgen ein paar Minuten eher anwende. Wenn sie wüssten, dass ich in der Natur niemals täglich und erst Recht nicht pünktlich Beute bekommen würde… Aber wie ich ja schon sehr früh festgestellt habe, bin ich hier derjenige mit dem längsten Atem!

Danach werde ich in den Garten gelassen und der Zweibeiner geht wieder ins Schlafzimmer. Im Garten kann ich mich erst mal lösen, erst die westliche Richtung des Gartenzauns, dann Norden, Osten, Süden… Dann weiß wieder jeder wer hier wohnt! Es ist unfassbar, da pinkeln die Nachbarshunde doch tatsächlich von außen gegen MEINEN Zaun! Und ich muss mir jeden Tag aufs Neue die Mühe machen, wieder alles über zu markieren. Aber nicht mit mir, meine Lieben… Ich warte oben auf der Terrasse, da habe ich den besten Überblick. Wenn einer zu nah an meinen Zaun kommt, renne ich los und zeige was ich kann: Bellen, Knurren und meine Haare aufstellen! Und das hilft tatsächlich! Meistens verschwinden die Menschen und Hunde schnell von meinem Revier. Wenn ich ganz viel Lust hab, dann trage ich mein Spielzeug noch ein bisschen durch die Gegend oder knabbere weiter am Stamm des Apfelbaums herum. Das unterer Drittel hat schon keine Rinde mehr, bald bin ich durch! Kauen macht richtig Spaß und außerdem beruhigt es mich. Es ist aber auch wieder ein ganz einfacher Trick um Aufmerksamkeit zu bekommen: Wenn ich lang und intensiv genug am Baum herumkaue, kommt meist einer meiner Menschen raus und auf mich zu gerannt und dann geht’s los: Ich renne weg, er hinterher! Fangen spielen macht Spaß und drei mal dürft ihr raten wer den längeren Atem hat.

Wenn wir dann zum morgendlichen Spaziergang aufbrechen hat mein Zweibeiner meist schon sein Handy am Ohr, was für mich so viel bedeutet wie: „Mein lieber Hund, ich habe hier zu tun, bitte kümmere du dich auf der Gassi-Runde um uns zwei!“ – Mir ist zwar nicht wohl bei der Sache und ich würde gerne etwas mehr Verantwortung abgeben, aber ich wurde schließlich wegen meines ausgeprägten will-to-please angeschafft, also sei mir meines Menschen Wunsch Befehl! Anfänglich kümmere ich mich weiter um die Reviermarkierung (wie gesagt – alleine schon 4 Laternen und 6 Bäume auf meiner Straße!), dann kommt ein Mensch auf uns zu. Ich wedele mit der Rute, ziehe zum Menschen und sauge alle Informationen mit der Nase auf, die ich brauche, um einschätzen zu können, ob der Mensch uns gut gesonnen ist, oder ob ich reagieren muss – schließlich trage ich hier die Verantwortung für meinen Menschen und mich! Scheinbar war das aber nicht richtig, ich werde mal wieder heftig an der Leine geruckt. Mein Mensch weiß einfach nicht was er will… Ich mache alles richtig und dafür gibt es Schimpfe – echt unfair!

Auf dem Hundeplatz ist das ganz anders. Da hat mein Mensch kein Telefon am Ohr und ist auch sonst: Wenn ich etwas richtig mache (aus seiner Sicht jedenfalls), dann bekomme ich einen Keks! Klar, dass ich das schnell verstanden habe und alles brav mit mache! Hier ziehe ich auch nicht an der Leine, auch nicht zu den anderen Hunden. Warum? Na weil ich hier mal die Verantwortung an meinen Menschen abgeben darf. Er ist mit seiner Aufmerksamkeit bei mir, also bin ich es auch. Außerdem werde ich nicht geschimpft und an der Leine geruckt sondern bekomme für mich klar verständliche Anweisungen und werde bekekst! Toll! Und trotzdem werde ich nach dem Hundeschulbesuch immer „Platzidiot“ genannt. Verstehe gar nicht wieso… Er ist doch der Idiot, wenn er es nur ein mal die Woche schafft, sich auf mich zu konzentrieren..

Haben wir dann unsere Runde beendet, hau ich mich erst mal ins Körbchen. Ich habe aber immer ein wachsames Auge auf meine Umwelt! Irgendwann in den nächsten Minuten müsste der Postbote kommen. Unglaublich dieser Mann… Betritt täglich aufs Neue mein Grundstück, obwohl ich immer wieder deutlich mache, dass mir das nicht passt. Lange lass ich mir das nicht mehr gefallen. Mehr als im Vorfeld drohen kann ich nicht!

Irgendwann kommen die Kinder nach Hause und spielen im Garten. Das ist immer ein Gewusel. Alle laufen umher, zwischen meinem Spielzeug, in meinem Garten, ich weiß gar nicht wo ich zuerst hingucken soll. Wenn mir das zu bunt wird, packe ich sie aus dem Laufen heraus hinten an der Jacke und bringe sie zum stehen. Einer muss hier ja die Kontrolle behalten. Der große Zweibeiner steht auf der Terrasse und zeigt der Nachbarin, wie schön die Kinder und der Hund miteinander spielen. Mir wäre es wirklich lieber, wenn er hier mal die Verantwortung übernimmt und mich das nicht alles alleine regeln lässt! Aber scheinbar weiß er auch nicht wie…

Am Abend gehe ich wieder mit meinem Menschen die alltägliche Gassi-Runde. Es ist schon dunkel, das bedeutet für mich doppelte Vorsicht. Im Dunkeln bin ich immer noch etwas unsicher, da passe ich ganz besonders gut auf meinen Menschen und mich auf! Hinter uns kommt ein Mensch mit Hund, der pinkelt doch tatsächlich ÜBER meine fein säuberlich ausgearbeiteten Markierungen (also der Hund… nicht der Mensch)! Ich fasse es nicht – ich drehe ich mich alle paar Sekunden um, den gucke ich mir jetzt mal genauer an. Vorsichtshalber ducke ich mich schon mal etwas und stelle mein Nackenfell auf. Mein Gegenüber tut das auch! Der will sich also tatsächlich mit mir in meinem Revier anlegen?? Da schaltet sich mein Mensch ein: Ich werde mal wieder an der Leine gezerrt auf die andere Straßenseite, zum anderen Zweibeiner sagt er „Ach der will nur Spielen, da legt er sich immer vorher auf den Boden“! Was, wie bitte?! Spielen? Ich? Alles was ich will ist mein Revier und meine Ressourcen sichern und diese zur Not verteidigen, mit spielen hat das relativ wenig zu tun… Na warte… wenn wir uns morgen ohne Leine auf der Hundewiese treffen… Zu Hause falle ich dann ziemlich müde ins Bett. Tagsüber kann ich nie so richtig tief schlafen, weil ich immer wachsam sein und aufpassen muss.

Beim nächsten Mal erzähle ich Euch dann von meinem ersten Urlaub und meinem Schulwechsel, ich soll nämlich kein „Platzidiot“ mehr sein, sagt mein Zweibeiner… Gute Nacht!“

Von Platzidioten, Kissenschlachten und wie plötzlich das Rudel Kopf steht

„Hallo zusammen. Heute lasse ich mal wieder von mir hören. An meinem Alltag hat sich noch nicht viel geändert: Ich habe einen Haufen Arbeit damit, auf das Zweibeiner-Rudel und unser Territorium aufzupassen. Wir gehen die üblichen Wege spazieren, es wird fast ununterbrochen an meiner Leine gezuppelt (keine Ahnung wieso und was ich anders machen soll), wenn die Leine mal ab ist, jage ich Kaninchen und Eichhörnchen und versuche einigermaßen unbeschadet die Hundewiese zu überleben. Mittlerweile bin ich schon fast 2 Jahre alt und nun Chef in unserer Straße. Wenn mir schon von weitem jemand entgegen kommt, knurre, belle und zerre ich vorsichtshalber schon mal an der Leine. Ich habe schließlich gelernt: Angriff ist die beste Verteidigung. Außerdem drückt mir Herrchen den Hundekontakt á la „Na los, geh mal hallo sagen“ nicht auf, wenn ich im Voraus schon Randale mache. Das mit dem erfolgreichen Handeln habe ich ganz gut im Griff. Im Prinzip wäge ich in jeder Situation ab, mit welcher meiner Handlung ich den größten Erfolg habe. Wenn ich am Gartenzaun zum Beispiel möglichst laut belle, hin und her renne und springe, dann gehen die Menschen ganz schnell am Zaun vorbei und verschwinden aus meinem Revier: je lauter ich bin, desto schneller werde ich die Eindringlinge los. Sehr erfolgreich – meiner Meinung nach!

Auf dem Hundeplatz (Ihr erinnert euch? Einmal die Woche schafft es Herrchen, sich für ne ganze Stunde auf mich zu konzentrieren) hat sich nicht so viel getan. Wir springen über Hürden und machen etwas, was sich Unterordnung nennt. Also ehrlich… Dieses Wort schon alleine. Erst drücken sie mir die ganze Verantwortung aufs Auge auf alles und jeden aufpassen zu müssen und dann soll ich mich unterordnen?! Aber gut, Herrchen zu Liebe mache ich das. Er versteht nur nicht, warum ich das zu Hause nicht umsetze. Wie gesagt – wer ist hier der Platzidiot!? Allerdings glaube ich, dass es ihm langsam dämmert, dass das irgendwie nicht der richtige Weg ist.

Mit meinem Rudel habe ich aber auch etwas ganz spannendes erlebt! Wir waren im Urlaub!! So richtig mit Meer und Sand. Das war toll. Die Zweibeiner hatten glücklicherweise auch mein Spielzeug eingepackt, das dann täglich mit zum Strand geschleppt wurde. Eigentlich war das ganz ok mit den ganzen anderen Hunden am Strand. Mir war das einfach alles viel zu viel, sodass ich hier keinen auf „Angriff ist die beste Verteidigung“ gemacht habe. Allerdings ist es mir einmal zu bunt geworden: All mein Spielzeug lag auf einem Haufen, aber weil ich ja nicht mit allem auf einmal spielen kann, bin ich nur meinem Lieblingsball hinterher gelaufen. Auf dem Rückweg aus dem Wasser sehe ich dann, dass sich da ein anderer Hund tatsächlich an meinem Spielzeug bedient!! Hallo?? Da stehen die Zweibeiner schon direkt daneben und passen nicht mal auf? Muss ich auch noch im Urlaub die ganze Arbeit machen? Bin natürlich gleich hin und hab dem erst mal gezeigt wer hier der Boss ist. Fand Herrchen weniger lustig…. Aber wenn er sich nicht kümmert, muss ich es ja tun. Nach ein paar Tagen im Ferienhaus hatte ich dann schon alles fein säuberlich markiert (konnte ja nicht wissen, dass wir nur 2 Wochen bleiben). Wir waren viel unterwegs und auch oft in Restaurants. Ich durfte aber nur zwei Mal mit, weil ich den Nachbartisch markiert habe. Fanden die Zweibeiner wieder nicht lustig. Ich sorge hier für unserer Revier und was bekomme ich zum Dank? Ich werde alleine gelassen! Das hat mich wieder etwas nervös gemacht, irgendwie ist es dann mit mir durchgegangen und ich habe eine Kissenschlacht im Wohnzimmer gemacht. Als die Zweibeiner nach Hause kam, wurde heftig gebrüllt und Herrchen hat mir auf die Nase gehauen. Eins sag ich euch: Kommt der mit seiner doofen Hand noch ein mal in Richtung meiner Nase, dann schnapp ich sie mir, bevor er zuhauen kann!!

Als wir wieder zu Hause waren, hab ich mich um die Reviermarkierung gekümmert und auch um alles andere – wie immer. An einem Abend ist Herrchen nochmal mit mir raus gegangen. Da kam uns ein anderer Zweibeiner entgegen. Da es dunkel war, habe ich schon mal geknurrt, nur zur Warnung selbstverständlich! Ich wollte gerade wuffen, da hält Herrchen mir den Fang zu und zischt irgendwas von „Mist! Das ist mein Chef! Kannst du dich wenigstens dieses eine mal benehmen!?“. Da hat er es schon wieder getan! Dieses Zudrücken meiner Schnauze kann ich gar nicht leiden. Es tut mir weh und ich verstehe nicht was ich falsch gemacht habe. Ich bin nun aber achtsamer: kommt mir das nächste Mal eine Hand entgegen, schnappe ich gleich zu. Das habe ich dann auch direkt am nächsten Tag bewiesen, dass ich das kann. Danach war ziemlich schlechte Stimmung im Rudel. Zweibein-Frauchen hat geheult wie ein Schoßhündchen und sich mit Zweibein-Herrchen böse gestritten. Dann wurde diskutiert, telefoniert, wieder diskutiert und irgendwann bin ich mit den Worten eingeschlafen „Ab morgen sieht die Welt schon anders aus“!

Am nächsten morgen war ich sehr gespannt auf die Welt. Also für mich sieht hier alles gleich aus. Aber irgendetwas war doch anders. Heute morgen sind wir einen großen Bogen um die Hundewiese gegangen und als wir wieder zu Hause waren, kam auch noch Besuch. Frauchen hat gesagt, ich soll mich ruhig benehmen wie immer, damit der Besuch sieht wie ich wirklich bin! Und Leute… was soll ich sagen? Die Zweibeiner hatten Recht: Seit diesem Morgen sieht die Welt wirklich anders aus! Mir wurde anfangs sehr viel weggenommen: Spielzeug, Kauknochen, meine Freiheit mich unangeleint überall bewegen zu dürfen, meine Freiheit jeden 2. Baum anzupinkeln und vieles mehr, aber das Beste: Mir wurde auch meine Verantwortung genommen! Diese tragen nämlich mittlerweile die Zweibeiner! Und nicht nur das: Mit der Zeit habe ich all meine Freiheiten wieder bekommen. Ich spiele jetzt gemeinsam mit meinen Menschen, kann im Garten rennen ohne das Grundstück zu sichern und zu verteidigen. Ich kann sogar tagsüber richtig fest schlafen! Warum? Weil die Zweibeiner nun auf uns aufpassen. Ich muss hier nicht mehr alles alleine entscheiden. Wenn Eindringlinge an der Tür klingeln, dann zieh ich maximal ein Augenlid hoch. Ich schlafe weiter, weil ich mich nicht mehr kümmern muss! Mir wird nicht mehr aufgezwängt mit rudelfremden Hunden Kontakt aufzunehmen und die Zweibeiner stellen sich sogar dazwischen, wenn wieder ein fremder angeschossen kommt, obwohl wir seitdem doch die Hundewiese immer vermeiden. Am Anfang habe ich euch doch von dem erfolgreichen Handeln erzählt? Das haben sich meine Menschen zu Nutze gemacht. Immer wenn ich wieder etwas alleine entscheiden wollte (zum Beispiel die doofe Nachbarskatze zu jagen), haben sie mich nicht gelassen, sondern mit eine tolle Alternative angeboten. Zum Beispiel einen Keks. Und weil Futter nun mal super ist und ich immer erfolgsorientiert handle, entscheide ich mich nun in solchen Situationen für meinen Menschen (obwohl ich die doofe Katze immer noch nicht sonderlich mag).

Ihr fragt euch sicherlich, wer denn dieser Besuch war, der unser Rudel auf den Kopf gestellt hat? Hier ist die Antwort 😉

Bis zum nächsten Mal!“